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Artikel: Erfolgreiches Change Management von Redner Ernst Holzmann

Ernst Holzmann Redner Management

Wirkungsvolle Strategie und Taktik:

Von CHAMPIONS (FC Bayern München und BVB Borussia Dortmund) lernen

Nichts ist schwieriger, aber auch reizvoller und spannender, als eine Organisation die „im Mittelfeld vor sich hindümpelt“ an die Spitze zu führen und dies im beinharten Wettbewerb und mit limitierten finanziellen Mitteln.

Ebenfalls großem Geschick und entschlossenem Handeln bedarf es, einen ehemals souveränen Marktführer nach Jahren des Misserfolges wieder neu zu positionieren und zu alter Stärke zu führen. Der BVB Borussia Dortmund und der FC Bayern München haben eindrucksvoll bewiesen, dass beides möglich ist. Zwar mit unterschiedlichen Strategien, aber immer konsistent auf Basis der eigenen Stärken und Identität, und vor allem getreu dem Prinzip „Menschen machen den Unterschied“.

Dabei spielten sowohl Kontinuität und Expertise in der Führungsmannschaft eine große Rolle, als auch entschlossenes und konsequentes Handeln. Was Verantwortliche in Unternehmen von diesen beiden CHAMPIONS lernen können, zeigt die Analyse der Vorgehensweise der eigentlich so unterschiedlichen, aber trotzdem in den letzten Jahren gleichermaßen erfolgreichen, Vereine.

Ein Artikel von Ernst Holzmann - Redner zum Thema Management

Der 19. Mai 2012 war kein guter Tag für den FC Bayern München (und rückblickend auch nicht für den deutschen Fußball): Trotz ständiger Feldüberlegenheit und dem 1:0 von Thomas Müller in der 83. Minute verlor man noch das Champions-League Finale „dahoam“ im Elfmeter-Schießen gegen den FC Chelsea. Man hatte in der Saison 2011/12 alles auf eine Karte – den Gewinn der Champions-League – gesetzt, frühzeitig das nationale Titelrennen gegen Borussia Dortmund aufgegeben, und nun stand man, wie schon das Jahr zuvor, ohne Titel und mit leeren Händen. Der komplette Verein – vom Platzwart bis zum Präsidenten – war demoralisiert. Ganz anders die Dortmunder: 2005 wurde in letzter Minute der finanzielle Ruin vermieden und in den folgenden Jahren pendelte man in der 1. Bundesliga zwischen Platz sieben und dreizehn hin und her. Aber mit Beharrlichkeit, Konsequenz und Leidenschaft gelang der Turn around, in 2011 und 2012 wurde die Deutsche Meisterschaft geholt und mit dem Gewinn des DFB-Pokals in 2012 sogar das begehrte „Double“.

Auch die deutsche Nationalmannschaft litt bei der EM 2012 unter dem Bayern-Trauma. Das Hauptgerüst des Teams bestand schließlich aus Spielern des FCB und eigentliche Führungspersonen wie Bastian Schweinsteiger (verschoss im Champions-League Finale den entscheidenden Elfmeter) reisten mental und körperlich angeschlagen an, auch deswegen schied J. Löw ́s Team im Halbfinale gegen die Italiener sang- und klanglos aus.

Exakt ein Jahr später ein ganz anderes, teilweise wieder gewohntes Bild: Die Bayern tanzen von einer Party zur anderen, holen als erster deutscher Verein das Triple (Deutscher Meister und Pokalsieger, Gewinner der Champions-League) und haben scheinbar mühelos die alten Regeln und Gesetzmäßigkeiten („Mia san Mia“) wieder hergestellt. Ebenso wie verwandelt präsentiert sich Borussia Dortmund auf internationaler Ebene. War die Mannschaft in den Spielzeiten davor noch naiv und ohne Durchschlagskraft aufgetreten und in der Vorrunde ausgeschieden, kämpfte man sich nach teilweise grandiosen Spielen in das Finale und war dort im rein deutschen Endspiel den Münchnern mehr als ebenbürtig.

Wie war nun dieser Wandel des ehemaligen „Aschenputtels“ Borussia Dortmund zu einer „Goldmarie“ und das Zurückkehren des FC Bayern München zu alter Stärke möglich, und dies innerhalb relativ kurzer Zeit? Was können Führungskräfte von diesen CHAMPIONS des Fußballs lernen und stimmt es wirklich, dass gerade Menschen an der Spitze einer Organisation, egal ob in der Wirtschaft oder bei Vereinen, den Unterschied machen?

Wenn man sich intensiver mit den in den letzten Jahren getroffenen Entscheidungen – speziell bezüglich Personal – den umgesetzten Maßnahmen und der entsprechenden Entwicklung beschäftigt, wird einem schnell klar, dass beide Vereine die Standard- Instrumente einer erfolgreichen Unternehmens-Strategie angewendet haben müssen, wie die SWOT- und Wettbewerber-Analyse, das Besinnen auf die unverwechselbare Identität und die eigenen Kernkompetenzen. Es wurden eine begeisternde Mission entwickelt, anspruchsvolle Ziele definiert, Spitzenkräfte für die wichtigsten Positionen verpflichtet und die entwickelte Strategie konsistent und konsequent mit wirkungsvollen Maßnahmen umgesetzt.


1. BVB Borussia Dortmund: Erfolg ist vielleicht doch planbar
1.1 Ausgangssituation und Bestandsaufnahme

Bei Borussia Dortmund war in 2008 bezüglich finanzieller Mittel „Schmalhans immer noch Küchenmeister“ und ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Spielern hielt sich im Niemandsland der 1. Bundesliga auf. Von 2005 bis 2008 hatte man drei Trainer (Bert v. Marwijk, Jürgen Röber, Thomas Doll) verschlissen und anscheinend war die Umsetzung des von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc (Bereichsleiter Sport) im Jahr 2007 ausgeheckten Planes schon in den Anfängen stecken geblieben. So wollten die beiden Manager die sich seit Jahren drehende „Todesspirale“ (kein sportlicher Erfolg, unbefriedigende Zuschauer- und Sponsoreneinnahmen, zu geringe finanzielle Mittel zur Verstärkung des Spielerkaders, kein sportlicher Erfolg,.....) endlich stoppen und einen kompletten Neuanfang wagen. Die Wettbewerber, speziell die Bayern aus München, aber auch Schalke 04 als „Erzfeind“ direkt vor der eigenen Tür, hatten durch das Erschließen von neuen Geldquellen (Sponsoren, Einstieg von Investoren) mächtig aufgerüstet, von internationalen Konkurrenten (z.B. Manchester United, Manchester City, Real Madrid, CF Barcelona, FC Chelsea oder AC Mailand) ganz zu schweigen.

1.2 Leidenschaft und Authentizität – Zeichen setzen - Echte Liebe - Menschen machen den Unterschied

Speziell H.J. Watzke (Seit Februar 2005 Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co KGaA) setzte bei der sportlichen und wirtschaftlichen Konsolidierung des Vereines voll auf dessen „wahres und nicht zerstörbares Kapital“, nämlich auf die exzellente Jugendarbeit und ganz besonders auf die einzigartige Fankultur mit extrem begeisterungsfähigen und loyalen Fans. Unterstützt von externen Experten – Roland Berger Strategy Consultants war 2005/2006 beim BVB mit von der Partie und begleitete die Borussia auf dem Weg zum Erfolg – wurde eine Strategie entwickelt, welche nicht nur „einen Sommer lang“, sondern langfristig und nachhaltig gelten sollte. Mit „jungen, hungrigen Spielern sollten Leidenschaft und Authentizität vermittelt, das Stadion gefüllt und „Echte Liebe“ als Markenbotschaft innerhalb und außerhalb des Vereines verankert werden“, so der Rückblick von H.J. Watzke auf das Jahr 2007 im Interview mit Carsten Knop in der F.A.Z. vom 14. Mai 2012.

Getreu der Devise: Eine Führungskraft muss zur Mannschaft bzw. zur aktuellen Situation und der entsprechenden Philosophie passen, wurde deswegen der neue Trainer im Sommer 2008 ganz besonders sorgsam ausgewählt. Was nutzt es z.B. einem Unternehmen, das in einem harten Restrukturierungsprozess steht, wenn als neuer Verantwortlicher ein beinharter Sanierer und gleichzeitiger Motivator gebraucht wird, die ausgewählte Person sich aber als Technokrat oder als „Einsamer Visionär“ versteht, und damit von Anfang an der Misserfolg und gleichzeitig das Ende der Vertragsbeziehung schon absehbar ist.

Bei der letztendlichen Besetzung der Trainer-Position in Dortmung mit Jürgen Klopp war dies anders. Schon bei seinem letzten Verein, dem SV Mainz 05, hatte „Kloppo“ bewiesen, dass er sowohl mit Rückschlägen und jungen Spielern umgehen, als auch eine schlagkräftige Mannschaft formieren und gesetzte Ziele erreichen kann. Gerade auch durch seine Persönlichkeit und Ausstrahlung („lebt“ Fußball mit starken Emotionen) war und ist Jürgen Klopp der ideale Markenbotschafter und Katalysator für Leidenschaft und Authentizität und wurde die letzten Jahre quasi „zum Gesicht der Mannschaft“ Borussia Dortmund.

Schon im ersten Jahr mit Jürgen Klopp wurde durch die Verpflichtungen von Spielern wie Neven Subotic, Felipe Santana, aber vor allem durch die Integration von Nuri Sahin und Marcel Schmelzer in den Profikader - beide aus dem eigenen Nachwuchs und damals erst 17 bzw. 18 Jahre alt – aus der Not eine Tugend gemacht, bewusst auf kurzfristigen Erfolg verzichtet und in die Zukunft investiert.

1.3 Strategie - Philosophie – Teambildung - Zielstrebigkeit und Zähigkeit

Jürgen Klopp brauchte und bekam Zeit, um seine auf die Kultur des Vereines zugeschnittene Spielphilosophie (Gegner von Beginn an unter Druck setzen, laufintensives und schnelles Umschaltspiel, schnell die Zuschauer in Begeisterung versetzen) umzusetzen, die dafür geeigneten Spieler auszuwählen und ein schlagkräftiges Team zu formen.

Nach seiner anscheinend erfolglosen (nach dem erreichten Tabellenplatz sechs gemessenen) ersten Saison 2008/09 verfiel das neue Führungstrio (Watzke-Zorc-Klopp) auch nicht in die oft bei Verantwortlichen in anderen Vereinen - aber auch bei vielen Unternehmen - zu beobachtende Hektik mit Strategie- und Personaländerungen, sondern bewies Durchhaltevermögen und hielt unbeirrt an der einmal gewählten Strategie fest. Vielleicht auch deswegen, weil es zu dem gewählten Kurs („Jugend forscht“) wegen fehlenden finanziellen Mitteln keine echte Alternative gab und man deswegen zum anschließenden Erfolg quasi gezwungen war.

Im Sommer 2009 gelang mit der Rückholaktion von Kevin Großkreutz (ebenfalls aus dem eigenen Nachwuchs, mit einer kurzen Zwischenstation beim SV Ahlen) ein genialer Schachzug, auch weil damit ein klares Zeichen zur Fortsetzung der gewählten Strategie gesetzt wurde. Großkreutz, als „Dortmunder Urgestein“ (stand noch selber als Fan auf der Südtribüne), strahlte alle Tugenden („Malochen“, hohe Identifikation mit der Region) des Vereins aus, und wirkte sehr schnell als authentische Identifikationsfigur für die Fans, aber auch für bestehende und potentielle Sponsoren. Als weiterer Glücksgriff (sowohl sportlich, als auch aus heutiger Sicht finanziell) erwies sich die mutige Entscheidung, auch Mario Götze aus der eigenen Jugend in den Profi-Kader hoch zu ziehen und ihm dort mit erst 18 Jahren die Spielmacher-Position anzuvertrauen.

Verpflichtungen von klassischen, aber damals noch preiswerten, Torjägern, wie Lucas Barrios in 2009, aber speziell Robert Lewandowski in 2010, rundeten das Mannschaftsgefüge in idealer Weise ab und spätestens beim Vertragsabschluss mit Shinji Kagawa hatte Jürgen Klopp seine perfekte „Lauf- und Kampfmaschine“ im Sommer 2010 zusammen.


1.4 Fokussierung - Entwicklung - „Glück hat nur der Tüchtige“ – Erfolge

In der Saison 2009/10 schafften die Schwarz-Gelben zwar mit Müh und Not (Platz 5 in der Bundesliga) den Sprung in das internationale Geschäft, aber die junge und unerfahrene Mannschaft hatten die wenigsten „auf dem Zettel“ für die neue Spielzeit. Wie beim „Sommermärchen“ 2006 scheiterte die deutsche Nationalmannschaft auch bei der WM 2010 in Südafrika im Halbfinale (am späteren Weltmeister Spanien), die Spieler des FC Bayern stellten dabei wieder einmal das Hauptgerüst und starteten entsprechend müde und ausgelaugt in die Saison 2010/11. An Borussia Dortmund als ernsthaften Konkurrenten um den Titel verschwendete man auch in an der Säbener Straße in München keine Gedanken.

Ganz anders die Situation in Dortmund. Dort hatte Jürgen Klopp zur Saisonvorbereitung seinen kompletten und ausgeruhten Kader zur Verfügung, konnte vom ersten Tag eine hohe Trainingsbelastung ansetzen und in Ruhe am Feinschliff der Mannschaft arbeiten.

Bereits am zehnten Spieltag übernahmen die Dortmunder die Tabellenführung, gaben diese bis zum Ende der Saison nicht mehr ab und wurden überlegen vor Bayer Leverkusen Deutscher Meister; die Bayern wurden mit zehn Punkten Abstand Dritter und schafften gerade noch die Qualifikation zur Champions League.

Die Krönung der einmal gewählten Strategie und der umgesetzten Maßnahmen war schließlich die Saison 2011/12. Lag man in der Winterpause hinter den Bayern noch an zweiter Stelle, wurden diese in einer furiosen Rückrunde abgefangen, die Meisterschaft mit acht Punkten Vorsprung eingefahren und mit dem gleichzeitigen Gewinn des DFB-Pokals das begehrte Double geschafft. Die Begeisterung „rund um den Borsigplatz“ war unbeschreiblich, aber die Väter des Erfolges (Watzke, Zorc und Klopp) wussten genau, dass die Zeit des „Underdogs“ nun endgültig vorbei war und die wahren Reifeprüfungen (z.B. auch internationale Erfolge) noch bevorstanden. Auch dass sich der FCB nicht eine weitere Saison mit zweiten Plätzen begnügen würde war klar, und „ganz Fußball-Deutschland“ war im Sommer 2012 gespannt auf die weitere Entwicklung.


1.5 Aktuelle Situation und Ausblick (Juli 2013)

Wie geht es weiter mit dem BVB? Wie wird die letzte Saison ohne Titel weggesteckt? Kann der Weggang von Mario Götze kompensiert werden? Bleibt die Führungsmannschaft ihrem eingeschlagenen Kurs treu? Kann J. Klopp („ich will wieder Titel holen“) die Mannschaft wieder neu begeistern und damit den Bayern in der neuen Saison Paroli bieten? Wie sehr stört dabei der Transfer Hick-Hack um R. Lewandowski? Auf die entsprechenden Antworten können wir uns jetzt schon freuen, und dabei auch beobachten, wie stark eine langfristig angelegte Strategie auch vom „Tagesgeschäft“ beeinflusst werden kann und wie Verantwortliche darauf reagieren.

 SWOT-Analyse und abgeleitete Maßnahmen BVB Borussia Dortmund, Sommer 2008
Bild: SWOT-Analyse und abgeleitete Maßnahmen BVB Borussia Dortmund, Sommer 2008

 
„Menschen“ und Erfolge Borussia Dortmund, 2008 bis 2013

„Menschen“ und Erfolge Borussia Dortmund, 2008 bis 2013
Bild: „Menschen“ und Erfolge Borussia Dortmund, 2008 bis 2013

„Menschen“ und Erfolge FC Bayern München, 2008 bis 2013

„Menschen“ und Erfolge FC Bayern München, 2008 bis 2013
Bild: „Menschen“ und Erfolge FC Bayern München, 2008 bis 2013

2. FC Bayern München
2.1 Ausgangssituation

Beim Klassenprimus der 1. Bundesliga war das Weihnachtsfest 2010 nicht besinnlich und schon gar nicht friedvoll. Als Marktführer, der täglich im Rampenlicht der Öffentlichkeit und Medien steht, wurde man zum wiederholten Mal damit konfrontiert, dass Titel der Vergangenheit nichts wert sind und bei zwei Niederlagen in Folge schon von Krise gesprochen wird. Noch im Sommer war alles anscheinend (wieder) in bester Ordnung. Musste man in der Saison 2009/09 mit der Verpflichtung von Jürgen Klinsmann noch schmerzlich erfahren, dass sich Erfolgsrezepte nicht so einfach 1:1 kopieren lassen (weder in Fußball-Vereinen, noch bei Unternehmen), brachte sein Nachfolger Louis v. Gaal die „Roten“ wieder zurück in die Erfolgsspur. Er verbreiterte den Mannschaftskader mit gestandenen Profis (u.a. M. Gomez, I. Olic, A. Tymoshchuk und A. Robben) und forcierte durch die Integration von Nachwuchsspielern (z.B. T. Müller, H. Badstuber, D. Contento) den Verjüngungsprozess der Mannschaft. Lohn dieser Rundumerneuerung war das Double (Meister und DFB-Pokalsieger) gleich in seiner ersten Saison 2009/10 und das Vordringen in das Finale der Champions League. Aber gerade hier wurden der jungen und unerfahrenen Mannschaft von Inter Mailand die Grenzen aufgezeigt und man verlor chancenlos mit 0:2. Rückblickend musste den Verantwortlichen (Aufsichtsrat und Vorstand) des FCB schon bei der Verpflichtung von v. Gaal klar gewesen sein, dass sie zwar einen unbestrittenen Fachmann (u.a. dreimaliger Meister mit Ajax Amsterdam, Champions League- und Weltpokalsieger) verpflichtet hatten, aber genauso eine Persönlichkeit mit starkem Ego, Eigenwilligkeit und wenig Bereitschaft Kontrolle abzugeben bzw. zu akzeptieren. Als dann im Winter 2010 die Erfolge ausblieben (auch wegen Formkrisen bei den Spielern wegen der Teilnahme an der WM, Verletzungsmiseren und dem damit zusammenhängenden schlechten Saisonstart), war der Krach schon vorprogrammiert. Es kam, wie es kommen musste: v.Gaal wurde im März 2011 beurlaubt, sein Co-Trainer A. Jonkers übernahm und sicherte mit einem dritten Platz in der Bundesliga gerade noch die Teilnahme an der Qualifikation zur Champions League.


2.2 „Der Kurs stimmt, aber nicht das Betriebsklima“

Nach der Trennung von v. Gaal stand der Verein vor der paradoxen Situation, dass zwar der Umbruch (sowohl vom Spielsystem als auch von der Zusammensetzung der Mannschaft) eingeleitet und Erfolge erzielt wurden, dass dabei aber das Betriebsklima und auch der „Wohlfühlfaktor“ abhanden gekommen waren. Bestimmt spielten dabei die hektischen Trainer-Wechsel in den letzten Jahren eine Rolle, vielleicht auch die nicht geglückte „Zepter- Übergabe“ von U. Hoeneß an Christian Nerlinger, bei der die Verantwortlichkeiten und Entscheidungsprozesse anscheinend nicht klar genug geregelt waren. In dieser Situation erinnerte man sich an einen guten, alten Bekannten: Jupp Heynckes. Dieser hatte nicht nur die ausgewiesene Fachkompetenz, die entsprechenden Erfolgsnachweise (u.a. Champions League Sieger mit Real Madrid) und die Erfahrung, sondern vielmehr noch den besonderen „Stallgeruch“ und die Akzeptanz, um beim FC Bayern neben all den anderen „Alpha-Tieren“ (Hoeneß, Rummenigge, Beckenbauer, Breitner,...) bestehen und zur Verbesserung des Betriebsklimas beitragen zu können. Schon bei seinem ersten Engagement beim FC Bayern von 1987 bis 1992 wurde er zweimal Deutscher Meister und führte die Mannschaft dreimal in das Halbfinale des Europokals für Landesmeister. Seine Entlassung (auch auf Druck der Medien) im Herbst 1992 bezeichnete U. Honeß rückblickend „als einen seiner größten Fehler in der Personalpolitik“ und dies nicht nur, weil ihn und Heynckes eine tiefe Freundschaft verbindet.


2.3 Spitzenkräfte für Spitzenleistungen, in allen Positionen und Bereichen

Spätestens nach der so enttäuschend verlaufenden Saison 2011/12 als auch mit Jupp Heynckes nur zweite Plätze (Bundesliga, Champions League, DFB Pokal) verbucht werden konnten, wurde im Sommer 2012 eine radikale Kursänderung vorgenommen. Die Verantwortlichen realisierten, dass der vorhandene Spielerkader in der Breite und ganz speziell in der Spitze nicht ausreichte und erweitert werden musste. Dies auch, um die Dreifachbelastung durch die einzelnen Wettbewerbe zu kompensieren und damit sowohl die nationale Spitze zurück zu erobern, als auch endlich den begehrten „Henkelpott“ (Champions League Pokal) in den Händen halten zu können. Es wurde konsequent gehandelt, die bisher gewohnte Investitionszurückhaltung (es wird nur so viel in neue Spieler investiert, wie durch Spieler-Verkäufe eingenommen wird) aufgegeben und ca. € 70 Millionen für neue, hochklassige Spieler (u.a. Martinez, Shaqiri, Mandzukic, Dante, Pizarro) ausgegeben. Zusätzlich sorgte man mit dem Wechsel vom glücklosen Ch. Nerlinger zu M. Sammer für das „Gleichgewicht der Kräfte“, auch dadurch, dass Sammer zum vollwertigen Mitglied des Vorstandes ernannt wurde. Frühzeitig (im April 2013) wurde dann auch noch die Verpflichtung der nächsten Spitzenkraft, Pep Guardiola (erfolgreichster Vereinstrainer der letzten fünf Jahre), als Nachfolger von Jupp Heynckes auf der Cheftrainer-Position abgeschlossen und stolz verkündet. Das „Durchsickern“ des Transfers von Deutschlands hoffnungsvollstem Nationalspieler, Mario Götze, von Borussia Dortmund, kurz vor dem Duell gegen die „Schwarz Gelben“ im Champions League Finale, machten dann dem letzten klar, dass der FCB alles tun wird, um seinen Platz an der Spitze (national und international) zurückzuholen und zu verteidigen, auch durch bewusste Schwächung des direkten Konkurrenten.

2.4 Jupp Heynckes als Teambilder, Motivator und Entscheider

Um die Wichtigkeit von Personen, in diesem Fall Jupp Heynckes, ihren Anteil für den schlussendlichen Erfolg, und die dazu benötigten Fähigkeiten richtig bemessen und einordnen zu können, zitiert man am besten Aussagen von Hermann Gerland (war in den letzten vier Jahren sowohl Assistent von Van Gaal und Heynckes) im Fußball-Magazin „11 Freunde“ vom Juli 2013. Frage von „11 Freunde“: Hat er (Heynckes) als Reaktion auf die Niederlage gegen Chelsea (Champions League Finale 2012) seine Arbeitsweise geändert“? Antwort H. Gerland: „Nein, das musste er auch nicht. Jupp Heynckes hat nämlich eine unvorstellbare wichtige Fähigkeit: Er vermittelt jedem Mitarbeiter, dass er wichtig ist. Den Spielern und allen drum herum. Ob für den Platzwart, den Zeugwart oder die Angestellten auf der Geschäftsstelle, er hat für sie immer ein nettes Wort. Er beschimpft auch keinen Spieler der gegnerischen Mannschaft, der einen von uns umnietet. Er ist souverän und in jeder Beziehung ein Gentleman. „ Oder: Bei Jupp Heynckes war in dieser Saison auffallend, wie sehr ihn die Spieler immer wieder gefeiert haben. Antwort Gerland: Die Mannschaft liebt ihn, auch wenn das vielleicht ein komischer Ausdruck ist........Er musste viele schwere Gespräche führen.....Jupp hat das unvorstellbar gut gemacht. Immer den Spieler direkt geholt, ihm seine Entscheidung begründet, in einer Art, die sensationell ist. Ganz ehrlich: Ich könnte das nicht. Ich hätte Angst davor, einem Mario Gomez zu sagen, dass er heute nicht spielt.

Dass das alte Sprichwort „Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus“ immer noch stimmt, beweist die Aussage von Heynckes (Interview im SPIEGEL vom 16.6.2013) zu den Gründen des Erfolges und der Reflektion der Spieler auf seinen Führungsstil: Die Rekordsaison sei vor allem deswegen möglich gewesen, weil alle Spieler „ihre Egoismen überwunden haben, selbst die, die das vorher nie gelernt hatten. Sogar Robben und Ribery haben plötzlich Defensiv-Aufgaben übernommen.“


2.5 Erfolge

Nach zwei Jahren ohne Titel dominierte 2012/13 der FC Bayern die Bundesliga wie selten zuvor. Bereits am ersten Spieltag übernahm er mit einem 3:0 gegen den Neuaufsteiger Greuther Fürth die Tabellenführung und behielt diese durchgehend bis zum Saisonende. Acht Siege zu Saisonbeginn bedeuteten einen neuen Rekord; am 28. Spieltag sicherte man durch ein 1:0 gegen Eintracht Frankfurt vorzeitig die 23. Meisterschaft der Vereins- und den schnellsten Titelgewinn der Bundesligageschichte (am Ende der Saison mit 25 Punkten Vorsprung vor Borussia Dortmund). Der DFB Pokal wurde durch ein 3:2 gegen den VFB Stuttgart gewonnen, aber das unbestrittenen Highlight – auf das der gesamte Verein seit dem letzten Erfolg in 2001 gewartet und hingearbeitet hatte – war der Gewinn des Champion League Finales gegen den nationalen Rivalen und Titelträger der letzten zwei Jahre, Borussia Dortmund. Welche Last den Spielern, Trainern und Vereinsverantwortlichen mit dem Gewinn dieses Titels – und dadurch auch Überwindung des Traumas verursacht durch die Niederlage im letzten Jahr im Finale „dahoam“ – von den Schultern fiel, konnte man ansatzweise aus den Bildern der entsprechenden Feierszenen erkennen.


2.6 Ausblick (Juli 2013)

Eigentlich hätte man erwarten können, dass spätestens mit dem Gewinn des „Triples“ bei den Bayern „die Luft raus sei“ und auch für den neuen Chefcoach P. Guardiola die Messlatte ganz schön hoch gelegt wurde. Aber schon auf Basis der ersten Beobachtungen aus der Saison 2013/14 drängt sich ein ganz anderes Bild auf. Der Hunger nach Titeln scheint bei der eigentlich noch jungen Mannschaft jetzt erst geweckt, auch nachdem der Druck weg ist, diese zu holen. Guardiolo scheint der Mannschaft gerade jetzt gut zu tun, mit neuer „Ansprache“, Setzen von neuen Reizen und noch stärkerem Fokus auf Ball- und Spielkontrolle. Es wird spannend bleiben zu beobachten, wie der Weg der Bayern weiter geht und auch wie sie die weiter zunehmenden Belastungen (u.a. Spiel um den Weltpokal und Europäischen Super Cup, Teilnahme an der Mannschafts-WM im Dezember in Marokko) verkraften wird. Auch die nationale Konkurrenz, allen voran Borussia Dortmund, wird alles tun, einen weiteren „Durchmarsch“ des FC Bayern zu verhindern.

Was können nun Unternehmen und Führungskräfte von den „CHAMPIONS des Fußballs“ lernen?

  1. Erfolg kann man bis zu einem gewissen Grad planen! Die Kunst ist es, eine individuelle und konsistente Strategie passend zur aktuellen Situation, den eigenen Stärken und den vorhandenen Ressourcen zu entwickeln. Dies und die konsequente Umsetzung (nicht nur Reden sondern TUN) ist oft entscheidender, als mit viel Geld einen fehlenden Plan zu kompensieren. (Finanzielle) Not macht dabei oft erfinderisch, siehe das Beispiel Borussia Dortmund.

  2. Spezialisierung, Differenzierung und Fokussierung (auf überschaubare Märkte und/oder Regionen) helfen wertvolle Ressourcen zu sparen, Bekanntheit zu schaffen und schnelle Erfolge zu erzielen. Auch hier können die Dortmunder als Vorbild gelten, da man einen Schritt nach dem anderen machte, zuerst den Fokus auf Erfolge in der Bundesliga legte und erst dann in Richtung Europa „schielte“.

  3. Kontinuität (z.B. in der Führungsriege, aber auch in der Vorgehensweise) und Expertise bei den verantwortlichen Personen sind genauso wichtig, wie schnelles und konsequentes Handeln bei Fehlentwicklungen. Stabilität im Management mit hoher fachlicher Expertise zeichneten dabei sowohl die Dortmunder als auch die Münchner aus. Dass bei aller persönlichen Freundschaften bei Misserfolgen auch das Treffen von harten Entscheidungen „zum Geschäft“ (bei Vereinen und Unternehmen) gehört, hat der FC Bayern z.B. mit der Trennung von Christian Nerlinger und der Nominierung von Matthias Sammer als neuen „Vorstand Sport“ gezeigt.

  4. Ehrgeizige Ziele und sich mit den Besten messen zu wollen schaffen klare Ausrichtung, hohe Motivation und verhindern Nachlässigkeiten. Auch hier kann der FC Bayern als Beispiel gelten, für den der nationale Meistertitel quasi die Pflichtveranstaltung ist, aber das Messen und Durchsetzen gegenüber Europäischen Spitzenteams (z.B. CF Barcelona, Manchester United, Real Madrid,...) immer einen höheren Stellenwert hat. Gerade dieses Messen mit den „Großen“ des Geschäftes ist auch eine Trumpfkarte im „Buhlen“ um herausragende Spieler aus anderen Vereinen, die beim Marktführer bessere Chancen zur eigenen Profilierung, Steigerung ihres Marktwertes und auch zur Nominierung für ihre Nationalteams sehen.

  5. Niederlagen gehören zum Geschäft; „Zu Boden gehen ist keine Schande, nur das Liegenbleiben.“ Wie man sich am eigenen Schopf aus einer Krise ziehen kann, haben die Spieler des FC Bayern eindrucksvoll bewiesen. Nach zwei Jahren in Folge ohne nationale Titel und nach zwölf Jahren des Wartens auf den Gewinn des Europacups (Champions League) wurden sie in der Saison 2012/13 mit dem Gewinn des Triples mehr als entschädigt.

  6. Menschen machen tatsächlich den Unterschied, im Team und an der Führungsspitze. Gerade wenn es darum geht „auf dem Platz“ im täglichen Kräftemessen mit dem Wettbewerb das eigene Team entsprechend aufzustellen und zu motivieren, ist der direkte Verantwortliche entscheidend für Erfolg oder Misserfolg. Aber auch hier gilt der Grundsatz, dass der Coach zur Mannschaft, der aktuellen Situation und den individuellen Zielen passen muss und bei der Auswahl nicht stur „per Schablone“ (fachliche Qualitäten) gearbeitet werden darf. Geradezu Lehrbeispiele für gelungene Entscheidungen sind die Besetzungen der Trainerpositionen bei Borussia Dortmund (mit J. Klopp) und beim FC Bayern München (J. Heynckes). Galt es bei den Dortmundern eine Führungsperson zu finden, welche speziell aus jungen, „namenlosen“ Spielern eine schlagkräftige Mannschaft formen kann, war die Herausforderung bei den Bayern eine ganz andere. Hier stand Teambildung zwar auch im Vordergrund, aber es wurde eine international erfahrene und gestandene Führungspersönlichkeit gebraucht, welche speziell Spitzenkräfte (Superstars, teilweise „Diven“) motivieren konnte, ihr Können im Zweifel auch in den Dienst der Mannschaft zu stellen.

  7. Das sensible und Situationsgerechte Umgehen mit unterschiedlichen Interessengruppen (hier Umgehen mit Fans, Kontrollgremien, Öffentlichkeit, Spieler,...) ist nicht nur für den „Trainer“ einer Sportmannschaft wichtig und entscheidend, sondern genauso für „den Boss“ eines Unternehmens. Wenig Erfolg mit diesem „Stake holder Management“ hatte dabei Louis v. Gaal, ehemaliger Trainer des FC Bayern München, der im Umgehen mit den Entscheidern und der Führungsspitze des Vereines wenig Fingerspitzengefühl bewies und letztendlich (unbestritten seines fachlichen Könnens und der erzielten Erfolge) daran scheiterte.

 

Vita Ernst Holzmann: 56 Jahre, hat in seinen beruflichen Verantwortungen (u.a. Geschäftsführer Vertrieb & Marketing, Leiter Unternehmensstrategie und Business Development) u.a. bei der Siemens AG, Siemens Nixdorf und NEC-Mitsubishi „live“ die Herausforderungen und Erfolgsfaktoren bzgl. Change Management, Geschäftsstrategie und Leadership kennen gelernt. Er ist leidenschaftlicher „Fußballer“ (u.a. jahrelanger Spieler, Trainer mit DFB-Lizenz, Sportlicher Leiter und Vorstand bei verschiedenen Amateur- Vereinen) und agiert aktuell als Redner, Interim Manager und Unternehmensberater. Gleichzeitig gibt er als Dozent an Hochschulen (u.a. für Sportökonomie, Leadership, Marketing und Kommunikation) seine Erfahrungen aus der Wirtschaft an die Studierenden weiter und agiert als Referent (Vertrieb und Marketing) bei Unternehmens-Seminaren.

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Exkurs: Von C.H.A.M.P.I.O.N.S.* (aus dem Sport und aus der Wirtschaft) lernen

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